12.4 Kindergerechte Gesundheitspolitik und -versorgung in Entwicklung

In der Schweiz gibt es keine Gesundheitsstrategie für Kinder und Jugendliche. Indessen sind politische Anliegen zum Thema Kind/Jugend in den letzten Jahrzehnten vorangetrieben worden. Die Unterzeichnung des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes (1997), die Strategie für eine schweizerische Kinder- und Jugendpolitik (2008), die Einführung des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes KJFG (2013) sowie die Schaffung eines Kindes- und Erwachsenenschutzgesetzes (2013) sind wesentliche politische Meilensteine. Die neue gesundheitspolitische Strategie des Bundesrates 2020–2030 gibt zudem der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen einen besonderen Fokus (Stossrichtung 4.2, Seite 20):

«Mehr Gesundheit für Kinder und Jugendliche. Ein gesunder Start ins Leben ist eine entscheidende Voraussetzung für ein gesundes Erwachsenenleben. Bund, Kantone sowie alle Institutionen der Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen sollen Massnahmen entwickeln für eine Nutzung bisher nicht ausgeschöpfter Potenziale in der Schwangerschaft, der Frühkindphase, im Kindergarten, in der Schule und im Übergang zum Beruf. Und zwar für alle sozioökonomischen Gruppen. Psychischen Krankheiten soll ein besonderer Fokus gelten.»

     Im von der Schweiz Anfang 1997 ratifizierten UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes wird festgehalten, dass jedes Kind das Recht auf freie Meinungsäusserung, ein Recht auf das erreichbare Höchstmass an Gesundheit, ein Recht auf Bildung sowie ein Recht auf Ruhe, Freizeit und Spiel hat. Weiter sollen Kinder vor allen Formen von Gewalt geschützt werden. Gemäss Aussagen von Expertinnen und Experten in einer Befragung, die im Rahmen dieses Berichts durchgeführt wurde (vgl. Kapitel Lebenswelten, Umweltfaktoren und gesellschaftliche Rahmenbedingungen), befindet sich die Schweiz diesbezüglich auf einem guten Weg.

     Im Bereich der Gesundheitsversorgung kann als Haupterkenntnis festgehalten werden, dass die Schweiz über eine Vielzahl an (hoch-)spezialisierten Angeboten für die Prävention, Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verfügt. Oft unterschätzt wird die hervorragende Leistung des flächendeckenden Neugeborenenscreenings, das durch systematische Früherkennung von behandelbaren Krankheiten spätere Schäden verhindert. Gesundheitsförderungs- und Präventionsprogramme werden in der Schweiz üblicherweise in jedem Kanton und für Regionen angepasst. Dies hat den Vorteil, dass lokale Bedürfnisse berücksichtigt werden. Unterschiedliche Ziele und Schwerpunkte führen jedoch teilweise zu ungleichen Angeboten. Es erschwert auch den Wissenstransfer. Um von Best-Practice-Projekten profitieren zu können, müssen daher Vernetzung, Wissenstransfer und Koordination aktiv gesucht werden.

     In der Sicherstellung der praxispädiatrischen Versorgung, der psychiatrisch-psycho­therapeutischen Versorgung und der Übergänge in die Erwachsenenmedizin gibt es Lücken. Betroffen davon sind gewisse Bevölkerungsgruppen wie Migrantinnen und Migran­ten. Auch bei palliativen Situationen bestehen Probleme, das System optimal auf den Bedarf anzupassen.