8.13 Positive Aspekte der digitalen Mediennutzung

Um die Chancen, welche digitale Medien bieten, sinnvoll nutzen und Risiken minimieren zu können, ist das Erlernen der Medienkompetenz ein wichtiger Faktor. Das bedeutet, sich einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Medien anzueignen (Süss, 2008). Um diese Kulturtechnik im Zeitalter der Informationsgesellschaft zu erlernen, braucht es eine Reihe von Fähigkeiten. Dazu gehört als erstes das kritische Hinterfragen und die Reflexion von Medieninhalten. Darüber hinaus braucht es Kompetenzen, um Gespräche und Diskussionen rund um das Medienverhalten zu führen. Ebenso braucht es Hintergrundwissen und das Verständnis, wie Medien funktionieren und wie man das Bedürfnis nach zuverlässiger Information stillt. Auch die Kompetenz, Medien mass-, genussvoll und kreativ in den eigenen Alltag zu integrieren, ist Teil davon, ebenso technisches Know-how in der Anwendung von Medien (Suter, Waller, Genner & Süss, 2015).

     Es gibt etliche Modelle zur Förderung der Medienkompetenz, die sich empirisch nicht einfach überprüfen lassen. Medienkompetenz ist nur eingeschränkt messbar, und entsprechend sind auch für die Schweizer Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen keine Normwerte verfügbar.

     Digitale Medien sind in Zusammenhang mit Gesundheit eine wichtige Ressource für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Sie dienen als Informationsquelle zur Gesundheit, Erkrankungen und gesundheitsrelevantem Verhalten, aber auch als Kanal für Gesundheitsedukation und -interventionen (COUNCIL ON COMMUNICATIONS AND MEDIA, 2016).

     Die Nutzung von Gesundheitsinformationen im Internet ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt. In einer Studie zeigte sich, dass rund die Hälfte der Befragten nach Gesundheitsinformationen im Internet sucht (Beck et al. 2014). Davon bewerteten 80% die Informationen als vertrauenswürdig, und ein Drittel änderte das Gesundheitsverhalten aufgrund dieser Informationen. Jugendliche und junge Erwachsenen suchen im Internet nach Informationen zu Themen wie Ernährung, Fitness, sexuelle Gesundheit oder spezifische Erkrankungen (Horgan & Sweeney, 2012). Zudem dienen internetbasierte Foren als wichtige Austauschmöglichkeiten für erkrankte Menschen und deren Angehörige, sie bieten sozialen Support (Campaioli, Sale, Simonelli & Pomini, 2017) und verringern Einsamkeitsgefühle (Eichenberg, Flümann & Hensges, 2011).

     Das Internet wird auch für Gesundheitsinterventionen genutzt. Zu diesen gehören unter anderem verhaltenstherapeutische Interventionen zur Behandlung oder Vorbeugung von Rückfällen für Jugendliche und junge Erwachsene mit psychischen Erkrankungen wie Depression, Suizidalität, Angst- oder Essstörungen (Calear & Christensen, 2010; Ebert et al., 2015; Fichter et al., 2012; Hollis et al., 2017; Rice et al., 2016; Ye et al., 2014). Auch existieren vielfältige Interventionen zur Förderung eines verbesserten Selbstmanage­ments bei Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen physischer Art (Breakey et al., 2014; Stinson et al., 2010). Daneben gibt es auch Web- und Social-Media-basierte Support- und Coaching-Angebote (Hamm et al., 2014; Wentz, Nydén & Krevers, 2012) sowie Präventions- und Gesundheitsförderungsprogramme (z. B. Brown, 2013; Gabarron & Wynn, 2016; Hamel, Robbins, & Wilbur, 2011; Hieftje, Edelman, Camenga, & Fiellin, 2013; K. Jones et al., 2014; Whittemore, Chao, Popick, & Grey, 2013; Yonker, Zan, Scirica, Jethwani, & Kinane, 2015).

     Auch Mobiltelefone werden zur Vermittlung gesundheitsfördernder und präventiver Inhalte eingesetzt, z. B. zur Förderung körperlicher Aktivität oder zur Prävention von Übergewicht, Tabak- und Alkoholkonsum (Badawy & Kuhns, 2017; Haug et al., 2017; L’Engle, Mangone, Parcesepe, Agarwal & Ippoliti, 2016; Vodopivec-Jamsek, de Jongh, Gurol-Urganci, Atun & Car, 2012; Wickham & Carbone, 2015) und zur Unterstützung des Selbst-Managements und Selbst-Monitorings bei chronischen Erkrankungen, aber auch für Feedback an Gesundheitsfachpersonen (Burbank et al., 2015; Gulec et al., 2014; Heron & Smyth, 2010; Kauer et al., 2012). Einige Interventionen verfolgen dabei Gamification-Ansätze, das heisst spielerische Elemente (Ahn et al., 2015; LeGrand et al., 2016; Lichtenberg, 2013; Okorodudu, Bosworth & Corsino, 2015; Van Lippevelde et al., 2016). Diese Ansätze sind erfolgreich darin, Personen zu motivieren und ihre Motivation für das erwünschte Verhalten aufrecht zu erhalten (LeBlanc & Chaput, 2017). Im Gesundheitsbereich sind solche Ansätze neu und ihre langfristige Wirkung ist noch nicht belegt.

Es gibt Tausende von gesundheitsförderlichen Aspekten rund um digitale Medien. Eine grosse Menge an Apps und anderen Anwendungen wird in der Praxis erfolgreich in der Prävention oder bei chronischen Krankheiten eingesetzt. Ein Grossteil der Anwendungen ist jedoch nicht empirisch auf Wirksamkeit überprüft. Allgemein werden gesundheitsfördernde Aspekte weniger beforscht als gesundheitsbeeinträchtigende. Medienkompetenz ist der Schlüssel für einen gelingenden und gewinnbringenden Medienumgang.

     Andere Interventionen richten sich an Eltern oder die Familie als Ganzes. Auch hier bestehen internetbasierte Präventions- und Gesundheitsförderungsprogramme, z. B. zur Prävention von Übergewicht, Angst- und Essstörungen und zur Förderung körperlicher Aktivität bei Kindern und Jugendlichen (Catenacci et al., 2014; Cooperberg, 2014; Delisle et al., 2015; Jones, Jacobi & Taylor, 2015), Internet- bzw. Social-Media-basierte Support- und Peer-Gruppen für Eltern von Kindern mit chronischen Erkrankungen (z. B. DeHoff et al., 2016; S. Martin et al., 2017) oder zur Frühprävention von kindlichem Übergewicht (Fiks et al., 2017). Auch Smartphone-Apps, welche Eltern bei der Betreuung ihrer kranken Kinder unterstützen, wurden entwickelt (Wang et al., 2016).