8.6 Schlaf

Digitale Medien stehen in Verdacht, den Schlaf von Nutzerinnen und Nutzern negativ zu beeinflussen, und zwar aus verschiedenen Gründen: elektromagnetische Strahlungen der Geräte, blaues Licht der Bildschirme, Störungen in der Nacht durch Anrufe und Nachrichten, aber auch durch Medieninhalte, die aufwühlend wirken können. In Studien zu den einzelnen Faktoren liessen sich Zusammenhänge nicht immer nachweisen: Zwischen der Mobilfunkstrahlung und gestörtem Schlaf war weder in Laborstudien mit Erwachsenen noch in epidemiologischen Studien mit Kindern und Jugendlichen ein Zusammenhang nachweisbar. Hingegen beeinflusst blaues Licht, das von Bildschirmen abgegeben wird, den Hormonhaushalt (Melatonin), so dass der Schlaf verzögert oder gestört werden kann (Wahnschaffe et al., 2013). Mediennutzung kurz vor oder nach dem Zubettgehen kann daher den Schlaf stören (Bruni et al., 2015). In einer neuen Schweizer Studie mit Kindern im Vorschulalter konnte ein schwacher Zusammenhang zwischen der Bildschirmzeit und der Schlafqualität nachgewiesen werden: Je mehr Zeit die Kinder an einem Bildschirm verbrachten, desto schlechter die Schlafqualität (Bernath et al., 2020). Das gleich gilt für Jugendliche bei Videogames: die Intensität der Videogamenutzung steht dabei in Wechselbeziehung mit Schlaf- und psychischen Problemen. Der Zusammenhang ist jedoch schwach (Bernath et al., 2020).

     Mobiltelefone beeinflussen den Schlaf vor allem dann, wenn sie in der Nacht nicht ausgeschaltet werden und Nachrichten oder Anrufe eingehen. In einer in der Schweiz durchgeführten Längsschnittstudie war das bei 80% der Jugendlichen der Fall. Sogar dann, wenn die nächtliche Störung durch Anrufe oder Nachrichten nur einmal pro Monat auftrat, berichteten Jugendliche ein Jahr später deutlich häufiger von erschwertem Einschlafen, unruhigem Schlaf und generellen Schlafproblemen (Foerster, Henneke, Chetty-Mhlanga & Röösli, 2019). Auch führen die Störungen dazu, dass die Betroffenen während des Tages häufiger und schneller ermüden. Dieser Zusammenhang verstärkt sich noch für jene, die in der Nacht auf die Nachricht oder den Anruf antworten (Schoeni, Roser & Röösli, 2015).

Das blaue Bildschirmlicht beeinflusst die innere Uhr, welche die Schlaf-Wach-Rhythmen steuert. Bildschirmlicht vor dem Zubettgehen kann sich negativ auf das Einschlafen auswirken. Die intensive Nutzung von Mobiltelefonen in den Abendstunden sowie Nachrichten und Anrufe in der Nacht können den Schlaf stören.

     Auch Medieninhalte, welche das Erregungsniveau steigern, können dafür verantwortlich sein, dass sich Kinder und Jugendliche abends länger mit dem Medium beschäftigen, später zu Bett gehen und Mühe beim Einschlafen haben (Foerster et al., 2019). In der HBSC-Studie (2018) hat sich gezeigt (Delgrande Jordan, Schneider & Masseroni, 2020), dass nur 43,9% der Jugendlichen zwischen 14- bis 15-Jahren, die im Schnitt mehr als vier Stunden an Schultagen zur Unterhaltung einen Bildschirm nutzen, auf mindestens acht Stunden empfohlenen Schlaf pro Tag kommen (vgl. Grafik G8.3, siehe auch Kapitel Gesundheitsverhalten).

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G8.3

     Bei jenen, die etwa eine Stunde oder weniger Zeit mit Bildschirmaktivitäten verbrachten, waren es hingegen 70,4%. Zudem hatten jene mit mehr als vier Stunden Bildschirm­aktivitäten häufiger täglich Probleme beim Einschlafen (14,7%) als jene, die wenig Zeit mit Bildschirmmedien verbrachten (10.3%) (Delgrande Jordan et al., 2020).

     In einer Langzeitstudie aus der französischsprachigen Schweiz konnte zudem nachgewiesen werden, dass die Schlafdauer bei Jugendlichen, die ein Mobiltelefon besitzen, deutlich kürzer ist als bei jenen, die keines besitzen. Auch wiesen sie häufiger Schlaf­störungen auf (Schweizer, Berchtold, Barrense-Dias, Akre & Suris, 2017). Die Medienkonsumdauer scheint ebenfalls Auswirkungen auf den Schlaf zu haben. So konnten Foerster et al. (2019) zeigen, dass Jugendliche, die überdurchschnittlich viel Zeit mit dem Mobiltelefon verbringen, eher Probleme beim Einschlafen haben als die andern. Resultate aus der SGB von 2017 zeigen ähnliches: Jugendliche zwischen 15–25 Jahren, die mehr als zwei Stunden pro Tag fernsehen, haben doppelt so häufig Ein- und Durchschlafstörungen (9%) wie jene, die weniger fernsehen (4%). Dieselben Muster zeigen sich bei der Nutzung des Computers (5% vs. 9%) wie auch bei Videogames, hier jedoch weniger ausgeprägt (5% vs. 7%). Mädchen sind häufiger von Schlafproblemen betroffen als Jungen, dies wird bei intensiver Nutzung besonders deutlich: Bei einer Computernutzung von mehr als zwei Stunden am Tag haben 12% der Mädchen und 4% der Jungen Schlafprobleme. Die Querschnittstudie aus dem Kanton Waadt von Suris et al. (2014) konnte zudem zeigen, dass Kinder mit problematisch hohem Internetkonsum an Wochentagen insgesamt fast eine Stunde weniger schlafen und deutlich häufiger an Schlafstörungen leiden als normalnutzende.

     Es wird zudem vermutet, dass Schlafmangel ein verstärkender Faktor ist für andere Symptome, wie Kopf- und Rückenschmerzen (Barlett, Gentile, Barlett, Eisenmann & Walsh, 2012; Suris et al., 2014), aber auch Aufmerksamkeitsproblemen (Barlett et al., 2012).